07/04/11 - Usbekische Gastfreundschaft und das Baysun-Gebirge [Tag 237-249/km 6217-6689]

Wir verlassen Samarkand mit gutem Wetter, den 1788m hohen Tahtakaraca Pass vor uns. Der Anstieg ist trotz Hitze leichter als gedacht mit langgezogenen gemächlichen Steigungen. Oben auf dem Pass liegt vereinzelt Schnee und ein paar Männer verkaufen Trockenfrüchte und Tee. Die Abfahrt ist steiler. Ein guter Hirte zeigt uns eine Wasserquelle und just noch rechtzeitig bevor es dunkel wird, finden wir einen guten - wenn auch mühsam mit Rad und Gepäck zu erklimmenden - Schlafplatz auf einem kleinen Hochplateau.

Die nächsten Wochen sollen wir die usbekische Gastfreundschaft in vollem Maße zu spüren bekommen. Ein Polizeiwagen läd uns nach einer anfangs skeptischen Passkontrolle ins nächste Dorf zum Hammel essen und Vodka trinken ein - Und wehe man trinkt sein Glas nicht in einem Zuge... An einem nächsten Tag, als der Magen knurrt und wir gerade einen Blick auf die Karte werfen - überlegend wie weit das nächste Dorf mit Laden wohl noch ist - läd uns ein Mann in sein Haus an der Hauptstraße. Das Haus ist vollkommen aus Lehm und Strohwänden gebaut. Gegessen wird auf Tüchern auf dem Boden, grünen Tee gibt es, der Teerest wird an die Lehmwand geschüttet. Trotz der spärlichen Einrichtung gibt es einen Fernseher, der im Hintergrund läuft. Wie auch schon im Iran, ist es die Frau die kocht und auftischt, selber aber in einem eigenen Raum isst. Wir freuen uns über die warme Suppe mit Kichererbsen und über die nette, kurze Begegnung.

Dann biegen wir von der Hauptstraße ab, um durch das Baysun-Gebirge zur tadjikischen Grenze zu fahren. Diese kleinen Straßen sind es, die wir aufsuchen, wann immer es möglich ist. Der Verkehr wird ärmer, die Besiedlung dünner, und Begegnungen seltener aber besonders. Wir haben noch gut zwei Wochen, bis wir in Tajikistan einreisen können und nehmen uns hier viel Zeit um gute Lagerplätze zu finden, in der beeindruckenden Landschaft aus riesigen runden, glatten, gelöcherten Steinen, schroffen roten Felsplatten geflickt mit grünem Grasteppich. Problematisch ist das Versorgen mit Lebensmitteln. Wenn genügend Häuser in einer Siedlung zusammenkommen, gibt es einen kleinen Dorfladen, von außen garnicht als solcher zu erkennen. Reis, Wasser und Kekse gibt es fast immer, mit Glück auch Saft, Kartoffeln und Möhren. Ein Dorf verkauft an zahlriechen Straßenständen Kurt, salzige brüchiger Käse, der wunderbar auf frischem Brot schmeckt und gut transportabel ist.Zum Glück finden wir ein Quelle, was heißt, dass wir mehrere Tage an diesem Ort verbringen können, wenn wir uns auf Reis, Brot, Kartoffeln und Eier beschränken. Das Wasser riecht abartig stark nach verfaulten Eiern und schmeckt auch so. Quellbesucher und anhaltende Autos, die alle ihre Flaschen auffüllen, versichern uns mit intensivem Bauchstreicheln und hochgezogenen Augenbrauen, wie gut das Wasser sei. Aha?! Skeptisch füllen wir alles auf und würgen uns die nächsten 2 Tage das Ei-wasser rein. Hinterher finden wir heraus, dass es eine Schwefelquelle gewesen sein muss und Schwefelwasser allen möglichen Krankheiten vorbeugt und ultragesund ist. Wir genießen die Abgeschiedenheit und Stille, lesen, nähen unsere durchgefahren Hosen, schreiben, existieren. Fast neun Tage verbringen wir in diesem kleinen Abschnitt

Wieder auf der Hauptstraße wird es - wie vermutet - geschäftiger. Dörfer und kleinere Städte reihen sich aneinander. Dadurch das jeder freier Meter kultiviert wird, haben wir Probleme Schlafplätze zu finden, müssen auf ein Feld ausweichen oder bauen abends notgedrungen in einem Dorf unter Gebell der Nachbarshunde in einer freistehenden Lehmhütte unser Zelt auf. Nur 8 km vor der Grenze, kommt es zu einer schönen Situation, als uns ein usbekischer Dorflehrer auf Deutsch anspricht. Ibragim lernte deutsch in der Schule und hat ein erstaunliches Repertoire an Wörtern. Er ist so glücklich uns zu treffen, ("Niemals in meinem Leben traf ich die Deutschen, habe ich mit den Deutschen gesprochen"), dass er uns in sein Haus zum Tee läd. Wir essen und trinken die erste Flasche Vodka, freuen uns zum ersten Mal wirklich mit einem Usbeken sprechen zu können und erfahren so viel über das Land. Trinken die zweite Flasche Vodka, werden eingeladen die Nacht zu bleiben, sprechen Trinksprüche auf unsere neue Freundschaft aus und nehmen schließlich dankend an als für uns die Sitzpolster im Wohnzimmer als Matrazen hergerichtet werden. Wie wir es auch schon im Iran und teilweise der Türkei erfahren haben ist die Gastfreundschaft ein Besatndteil der Völker Zentralasiens. Ibragim sagt: "Mein Haus liegt an der Hauptstraße, in einem kleinen Dorf, nur wenige Kilometer von der Grenze. Viele Menschen lade ich in mein Haus". Eine schöne letzte Erfahrung in diesem Land.

 

24/03/11 - The Golden Road to Samarkand [Tag 229-237/km 6063-6217]

Die Gegend wird leicht bergiger je näher wir Samarkand kommen. Wir fahren an kleinen Dörfern und grünen Hügellandschaften mit Herden und Hirten vorbei, von denen uns öfters welche morgens - wenn wir aus dem Zelt kriechen - mit staunenden Augen begrüßen. Mit Gesten und Wortbrocken erklären wir dann, was wir hier überhaupt machen. Usbekisch ist, wie die anderen Sprachen Zentralasiens, eine Turksprache. So helfen uns teils unsere bescheidenen Türkisch-Kenntnisse weiter. Ansonsten spricht hier fast jeder russisch - ein Sprachkurs hätte sich sicher gelohnt... Unter interessierten Blicken packen wir unser Zelt und Hab & Gut zusammen. Manche haben wahrscheinlich noch nie einen Ausländer gesehen.

Dann erreichen wir die berühmte Seidenstraßenstadt Samarkand, ehemals großes Handelszentrum, blühende Oasenstadt und Begegnungort verschiedener Kulturen und Religionen. Zusammen mit Buchara die touristischen Höhepunkte des Landes. Ganze Gruppen steigen aus silkroad tours Bussen. Für einmal sind wir gewöhnliche Touristen, schauen uns die alten Moscheen und Mausoleen an. Unser günstiges Guesthouse ist eine richtige Backpacker-Oase mit Reisenden aus Japan, Amerkia, Kasachstan, Schweden uvm. Wir freuen uns über die Geselligkeit und verbringen nette Abende mit Anja, Bulat und Mitch, spielen Poker, lernen das seltsame russische Kartenspiel Durak, trinken mal wieder ein Bier und probieren sogar den Wein aus Samarkand welcher arg süß ist, aber immerhin Wein.

Während dieser Zeit kommen wir in den Genuss ein wenig die usbekische Küche kennenzulernen. Gegen wenig Geld kocht die Familie des Hauses leckeres Abendessen und so lernen wir auch andere Gerichte kennen als Plov oder Hammelfleisch mit Brot. Es ist wahnsinnig, wieviele Schafe die Menschen hier verspeisen... wahrscheinlich noch ein Überrest aus dem Nomadenleben. Das erklärt auch die vielen Schafsherden. Käse wird jedoch leider nicht aus der Schafsmilch hergestellt, "nur Schaschlik" erklärt und Bulat lachend. Am Straßenrand findet man auch oft die sogenannten Samsa. Mit Hammelfleisch und Zwiebeln gefüllte Teigtaschen, die in einem großen Tonkrug gebacken werden. Ein guter und günstiger Mittagssnack. Leider bekommt uns auf Dauer das Hammel nicht mehr so gut.

In Samarkand treffen wir auch zufällig Bex und Ryan wieder. Zwei englische Radfahrer, die wir auch schon in Teheran trafen. Bei gemeinsamem Picknick erzählen wir uns von unseren Erlebnissen in Turkmenistan und weiteren Plänen, ihrer führt nach Kasachstan um kalte Wetter im Pamir zu umgehen. Dann zieht ein Sturm über Samerkand auf, der mehrere heftige Regentagen mit sich bringt. Wir bleiben und warten ab bis sich der Himmel wieder öffnet....

 

14/03/11 - Über Buchara nach Qarshi zum Neujahrsfest [Tag 222-229/km 5811-6063]

Nach einer kleinen Doktorkontrolle an der Grenze können wir problemlos nach Usbekistan einreisen und erreichen nach einer weiteren Nacht in der Wüste Buchara, BUCHARA! Schon aus der Ferne können wir die türkisblauen Kuppeln der Moscheen und Medressas sehen. Die Altstadt ist sehr gut erhalten, bzw restauriert und es macht Spaß durch die kleinen Straßen zu spazieren und sich die antiken Monumente anzuschauen. Hier treffen wir auch zum ersten Mal seit langer Zeit auf andere Touristen, teilweise ganze Tourbusse.

Wir entscheiden uns für einen Umweg auf kleinen Straßen weiter nach Samarkand zu fahren. Die Landschaft ist geprägt durch weite Steppe- und Weidelandschaften und endlos viele Schafsherden.  Wir haben wenig Probleme abends einen schönen Schlafplatz zu finden. Es ist angenehm warm und sonnig, der Frühling hat angefangen! Hinter einem kleinen Ort sehen wir in mitten einem Feld blühender Kirschbäume viele Menschen versammelt und laute Musik ist zu hören. Kurzum werden wir auch zu dem Neujahrs-Fest eingeladen. Also verbringen wir unsere Mittagspause dort, dürfen gemeinsam mit allen das köstliche Plov essen (das traditionelle Reisgericht mit Möhren und Hammelfleisch), werden genötigt Wodka zu trinken und zu tanzen, bis wir mit einem halben Hammel als Wegzehrung wieder herzlich verabschiedet werden. Spacibar!